Bau eines kampftauglichen Normannenschilds

Temple Pyx, Teil eines Reliquiars (um 1140-1150)
Temple Pyx, Teil eines Reliquiars (um 1140-1150)

Der sog. Normannenschild (oder Mandelschild) war vom 11. bis ins 12. Jahrhundert die bevorzugte Schildart. Der Normannenschild entwickelte sich aus dem Rundschild, der nach unten verlängert wurde, um besonders für Reiter einen höheren Schutz zu bieten. Jedoch wurde dieser Schildtyp auch von Fußkämpfern genutzt.

Die Namensgebung „Normannenschild“ kann auf den Teppich von Bayeux zurückgeführt werden, der diesen Schildtyp in großer Zahl abbildet.

Vorüberlegung: Größe des Schilds ermitteln

Ungefähre Schildgröße

Die ungefähren Abmessungen für den Schild können aus nebenstehender Abbildung entnommen werden (Maßangaben für den unteren Halbkreis in cm).

Dazu sollte man einfach mal Maß nehmen. Die Höhe sollte maximal so gewählt werden, dass der Schild vom Boden bis zur Schulter reicht.
Die Breite Sb entspricht der Schulterbreite. Das sieht im Ersten Augenblick nach viel aus, aber durch die spätere Wölbung wird der Schild entsprechend schmaler.
Auf den Schild Übertragen (2) wird aus der Schulterbreite Sb der Durchmesser des oberen Halbkreises.

Für den unteren Halbkreis wählt man einen Radius zwischen 5 und 8 cm, proportional passend zum Durchmesser des oberen Halbkreises.

Baumaterial

Baumaterial

Nach dem Ermitteln der maximalen Abmessungen wird nun wird Baumaterial für den Schild benötigt:

  • 3 wasserfest verleimte Pappel-Sperrholzplatten (1) entsprechend den ermittelten Abmessungen +20 mm Meterialzugabe, 4 mm dick
  • Leinentuch (2), zwei Zuschnitte in den ermittelten Abmessungen
  • Leim (wasserfest)
  • Rohhautstreifen (aus dem Reenactmenthandel)
  • Geschmiedete Nägel ca. 5 mm lang
  • Polsternägel, 10 mm lang
  • Lederriemen mit Schnalle, 20 mm breit (für Trageriemen; Länge nach Bedarf, mindestens 1,5 m )
  • 2 Lederriemen, 10…15 mm breit (für Handfessel Länge nach Bedarf)
  • 1…2 Lederriemen mit Schnalle, 10…15 mm breit (für Armfessel Länge nach Bedarf)
  • 12…16 Nieten, 20 mm lang

Bei den Holzzuschnitten muss auf die Faserrichtung geachtet werden, weil die Spanplatten später gebogen werden: Faserverlauf muss parallel zur kurzen Plattenseite sein.

Zusätzlich werden folgende Sonderwerkzeuge benötigt:

  • Ca. 10 Schraubzwingen
  • 3 handelsübliche Transport-Spannbänder

Herstellung des Schildrohlings

Halbreise zeichnen

Schildform mit den ermittelten Maßen auf eine Spanplatte übertragen.

Die Halbkreise oben und unten können mit der nebenstehenden Methode schnell gezeichnet werden.

Sperrholzplatten und Leinenstoff verleimen

Sperrholzplatten und Leinenstoff verleimen

Abwechselnd die Sperrholzplatten (1) und Leinenstoffzuschnitte (2) mit ausreichend Leim aufeinander leimen. Dabei darauf achten, dass die Platte mit der aufgezeichneten Schildform obenauf liegt.

Auf diese Weise wird die für den Kampf erforderliche Materialstärke von 12 mm erreicht. Eine einzelne Sperrholzplatte dieser Dicke lässt sich kaum biegen, daher finden hier drei entsprechend dünnere Platten Verwendung.

Der Leinenstoff zwischen den Sperrholzplatten gibt zusätzliche Stabilität gegen Risse wenn später die Außenkannte des Schilds maltretiert wird.

Verleimte Platten biegen

Mit Spannbändern biegen

Bevor der Leim trocknet, Sperrholzplatten über die schmale Seite biegen, in dem die Spannbänder (1) gleichmäßig immer weiter gespannt werden.

Die entstehende Rundung sollte in etwa der Körperrundung entsprechen. Da sich die Sperrholzplatten beim späteren Lösen der Verspannung geringfügig zurückbiegen, muss hier ein wenig mehr gespannt werden.

Wenn die Sperrholzplatten die angestrebte Wölbung erreichen, Kanten rundherum mit Schraubzwingen (2) fixieren und den Leim etwa zwei Tage aushärten lassen.

Rohling aussägen

Rohling aussägen

Sobald der Leim ausgehärtet ist, können Schraubzwingen und Spannbänder entfernt werden.

Nun die aufgezeichnete Schildform aussägen.

Fertiger Rohling

Der fertig ausgesägte Schildrohling sollte in etwa wie in der Abbildung aussehen.

Solche Rohlinge kann man auch bereits fertig auf Märkten oder im Reenactmenthandel kaufen, aber wo bleibt da der Spaß…

Anbringen der Schlagkante

Rohhautstreifen vom Reenactmentbedarf

Die Rohhaut in lauwarmes Wasser einlegen und einen Tag einweichen lassen. Dann die Rohhautstreifen abwickeln.

Alternativ können auch Hundekauknochen aus Rohhaut aufgeweicht und in Streifen geschnitten werden.

Rohhautstreifen aufleimen und mit Nägeln fixieren

Die aufgeweichten Rohhautstreifen (2) rundherum mit Leim auf die Außenkante des Schildrohlings (1) auflegen und beidseitig mit Nägeln fixieren.

Alternativ kann man die Rohhaut auch aufnähen. Das ist allerdings deutlich aufwändiger, weil der Rohling an jedem Nahtdurchlauf gebohrt werden muss.

Nahtstellen am Ende der Rohhautstreifen überlappen lassen.

Beim Trocknen zieht sich die Rohhaut wieder zusammen und spannt sich so sauber um die Kante (somit verschwinden auch kleine Falten von allein).

 

Tragegurt, Fesseln und Polsterung anbringen

Vorüberlegung zur Lage der Riemen und des Polsters

Vorüberlegung

Am oberen Schildende ist der Tragegurt (1) vorgesehen.

Vor dem Anbringen der Hand- (2) und Armfessel (3), muss die Trageweise ermittelt werden; greift die Hand eher senkrecht (A) oder in einem Winkel (B)?

Sowohl Position als auch Länge bzw. Breite von Handfessel (2), Armfessel (3)  und Polsterung (4) sollten auf den Träger zugeschnitten sein, damit der Schild später komfortabel getragen werden kann.

Die Handfessel (2) sollte aus Gründen der Stabilität und des Handlings immer aus zwei X-förmig angeordneten Riemen bestehen. Die Armfessel (3) kann doppelt oder einfach ausgelegt, sollte aber mit Schnallen versehen sein.

Tragegurt, Fesseln und Polsterung

Anbringen

Armpolsterung (1) mit Schaumstoff, Stoffresten, o.ä. füllen und mit Polsternägeln am Schildrohling befestigen. Hand- (2) und Armfessel (3) mit Nieten am Rohling befestigen.

Eine schöne Alternative (A) zu den Nieten bieten geschmiedete Ringe, die mit U-Nägeln am Rohling befestigt werden. Die U-Nägel müssen dann auf der Schildvorderseite umgebogen werden. Hier entsteht aber zusätzlich Arbeit, weil die Ringe in den Riemen befestigt werden müssen.

Bemalen & fertig

Nach Fertigstellung kann der Schild mit den Wappenfarben bemalt werden.

So, nun viel Spaß beim Linienkampf…